Hallo liebe Sharkies,
wir haben am Wochenende bei leichtem Wind mit einem erfahrenen Clubkameraden Spi-Fahren trainiert. Hat im Prinzip prima geklappt, aber irgendwie haben wir uns am Spibaum den Sperrbolzen verbogen, und zwar auf der Seite, die im Mastauge eingehängt war. Das Vordere „U“ des Beschlags ist dabei auch teils ausgebrochen. Der Beschlag muss leider ausgebohrt und ersetzt werden. Jetzt stellt sich für uns natürlich die Frage, was haben wir falsch gemacht, bzw. woher kam die Hebelwirkung, die den Bolzen so verbiegen konnte? Soll ja nicht gleich wieder vorkommen.
Es handelt sich um den klassischen Pfeiffer Endbeschlag (den hier: https://www.pfeiffer-marine.de/produkt/ ... ag-7623002). Wir hatten die Öffnung nach oben, so dass beim Shiften der Baum leicht unten aus dem Beschlag rausfallen konnte. War das falsch rum?
Und wir haben, als es passiert ist, den oberen der beiden Mastringe genutzt (deutlich oberhalb Baum-Höhe). Hab mal ein paar Fotos von Sharks unter Spi angesehen, es sieht so aus, als ob üblicherweise auch der obere verwendet wird. Passte auch besser zur Segelstellung.
Wie rum fahrt ihr Euren Spibaum und habt Ihr eine Idee zur Fehlerursache? Würde mich über Eure Meinung freuen
Danke und schöne Grüße von der „Momo“ (GER1984)
Spibaum
Moderator: Horst Rudorffer
Re: Spibaum
Hallo an die “Momo”,
ich bin der Alex Melzer vom SSCAA und habe schon ein paar Regatten als Vorschoter am Vordeck auf dem Altmühlsee mit unserer „Hailander“ gesegelt. Außerdem durfte ich dieses Jahr als Gast in der gleichen Position an der EM24 auf der „Avanti“ teil nehmen (liebe Grüße an Stefan). In meinem Lehrbuch zum Spisegeln steht, dass die Öffnung der Beschläge oben sein soll. Das hat den Vorteil, dass nach Öffnen des Beschlags auf der Schotseite z.B. beim Shiften, die Schot einfach nach oben ausfliegen kann. Der Spi bleibt dadurch optimal stehen.
Nachteil, sollten die Beschläge des Spibaum nicht optimal funktionieren und die Verriegelung den Bolzen nicht vollkommen schließen, kann der Baum einfach nach unten abfallen. Uns ist schon mal der Spibaum auf diese Art und Weise bei einer Regatta über Bord gegangen. Auch auf der Schotseite kann ein Schlitz in der Verriegelung, bei Öffnung nach oben, ein ungewolltes Ausfliegen der Schot bedeuten. Das kann nicht passieren, wenn die Öffnung nach unten gefahren wird. Außerdem kann es von der Bewegung her für den Vorschoter angenehmer sein, wenn er beim Einpicken am Mast den Unterarm auf den Spibaum mit leichtem Druck auflegen kann. Insbesondere bei stärkerem Wind.
Der Nachteil bei der Öffnung nach unten ist, dass nach öffnen auf der Schotseite die Schot eben nicht von selbst ausfliegt. Der Spibaum muss gedreht oder aber nach oben gekippt werden. Und dafür muss erst der Spibaum Niederholer lose sein. Und der wird oft vom Cockpit bedient. Also Teamwork notwendig.
Fazit: Generell ist es möglich den Spibaum mit Öffnung nach oben oder nach unten zu fahren. Je nach Qualität vom Material und nach Vorliebe des Vorschoters. Einfach beides mal ausprobieren. Einem unerfahrenem Vorschoter würde ich empfehlen die Öffnung nach unten zu nehmen, weil da weniger Drama passieren kann.
Nun zur Höhe des Spibaum am Mast. In meinem Lehrbuch steht: „Bei normalen Windbedingungen wird der Spibaum möglichst weit oben gestellt. Dadurch öffnen sich die seitlichen Lieken, der Spi wird bauchig. Wird der Spibaum am Mast unten gestellt, werden die seitlichen Lieken flach gezogen, der Spi also gestreckt.“ Das ist bei starkem Wind notwendig, oder aber bei ganz ganz wenig Wind. Denn dann reicht der Wind oft nicht mehr aus um den Spi zu füllen. Ist er gestreckt, kann er jedoch noch etwas an Wind mitnehmen.
Weder bei starkem Wind, noch bei ganz ganz wenig Wind würde ich, außer bei einer Regatta, einen Spi setzen. Deswegen siehst Du wohl auf den meisten Bildern mit Spi den Baum immer oben eingepickt. Wenn Du einen sehr leichten unerfahrenen Vorschoter hast, oder ein Kind, dann kann der Spibaum auch unten eingepickt werden. Dann ist weniger Zug auf dem Spi. Gilt natürlich nicht bei einer Regatta, da muss immer die höchste Geschwindigkeit erzielt werden. Auf der Hailander haben wir eine Schiene und können auch Zwischeneinstellungen vornehmen. Das ist praktisch, denn die beiden seitlichen Schothörner am Spi sollten immer auf gleicher Höhe „fliegen“. Die Luvseite mit dem Baum lässt sich so an die Höhe der Leeseite anpassen.
Warum Euer Spibaumbeschlag bei wenig Wind zu Bruch ging, ist rätselhaft. Um solch einen Bolzen zu verbiegen, braucht es schon einiges an Kraft. Hier kann ich nur Vermutungen anstellen. Auch unser Ring, der eigentlich waagrecht zur Schiene angeschweißt ist, wurde schon mehrmals um 30 Grad verbogen. Der Spibaum bewegt sich eben nicht wie an einem Schanier nur nach oben und unten, sondern verdreht sich auch etwas. Besonders starke Querkräfte treten auf, wenn der Spibaum auf der Luv Schot weit nach Achtern rutscht. Dann steht der Baum nicht mehr schräg nach vorn, sondern querab vom Boot. Wenn dann der Spibaum Niederholer lose ist und der Spi in einer Bö sehr hoch steigt, könnte es zu solch einem Schaden kommen. Deswegen ist es die Aufgabe des Vorschoter den Spibaum immer wieder Richtung Schothorn zu drücken und den Spibaum Niederholer zu kontrollieren. Ich persönlich belege den Spibaum Niederholer selbst vorne am Mast an einer Klampe. Faustregel: Der Spibaum ist die Verlängerung des Großbaum (darf nicht seitlich abknicken).
Es könnten auch rohe Kräfte des Vorschoters beim Shiften oder Abbau des Spibaum gewesen sein. Durch die Länge des Spibaum können da schon Hebelwirkungen auftreten. Aber das wäre bestimmt aufgefallen. Der Steuermann ist übrigens die größte Hilfe. Er bestimmt mit seinem Kurs wie weit die Spischoten vom Boot entfernt sind. Idealerweise sind die Schoten beim Shiften oder Bergen des Spi in Armlänge des Vorschoters. Ein kleiner Schlenker vom Steuermann nach Luv und schon sind die Schoten gut zu erreichen.
All diese Tipps stammen nur aus meiner Erfahrung als Hobbie Vorschoter und Steuermann. Ich bin kein Segeltrainer. Regelmäßiges Üben mit dem Spi und Teilnahme an Regatten bringt einen aber schnell voran. Es ist auf alle Fälle ratsam, nicht allzu häufig den Vorschoter am Vordeck zu wechseln. Ich höre oft, für diese Position ist die wenigste Segelerfahrung notwendig und man kann auch einen Laien dort hinstellen. Das stimmt aber nur bei idealen Windbedingungen und wenn alles wie am Schnürchen läuft. So bald irgend ein Problem auftritt (starke Kränkung, Sanduhr im Spi, Spifall verklemmt, Schot vom Spibaum Niederholer hängt irgendwo fest, Spi im Wasser ) ist ein erfahrener Vorschoter der weiß wo man jetzt zupacken muss, von großem Vorteil.
Viele Grüße, Alex Melzer (Hailander GER 1672)
ich bin der Alex Melzer vom SSCAA und habe schon ein paar Regatten als Vorschoter am Vordeck auf dem Altmühlsee mit unserer „Hailander“ gesegelt. Außerdem durfte ich dieses Jahr als Gast in der gleichen Position an der EM24 auf der „Avanti“ teil nehmen (liebe Grüße an Stefan). In meinem Lehrbuch zum Spisegeln steht, dass die Öffnung der Beschläge oben sein soll. Das hat den Vorteil, dass nach Öffnen des Beschlags auf der Schotseite z.B. beim Shiften, die Schot einfach nach oben ausfliegen kann. Der Spi bleibt dadurch optimal stehen.
Nachteil, sollten die Beschläge des Spibaum nicht optimal funktionieren und die Verriegelung den Bolzen nicht vollkommen schließen, kann der Baum einfach nach unten abfallen. Uns ist schon mal der Spibaum auf diese Art und Weise bei einer Regatta über Bord gegangen. Auch auf der Schotseite kann ein Schlitz in der Verriegelung, bei Öffnung nach oben, ein ungewolltes Ausfliegen der Schot bedeuten. Das kann nicht passieren, wenn die Öffnung nach unten gefahren wird. Außerdem kann es von der Bewegung her für den Vorschoter angenehmer sein, wenn er beim Einpicken am Mast den Unterarm auf den Spibaum mit leichtem Druck auflegen kann. Insbesondere bei stärkerem Wind.
Der Nachteil bei der Öffnung nach unten ist, dass nach öffnen auf der Schotseite die Schot eben nicht von selbst ausfliegt. Der Spibaum muss gedreht oder aber nach oben gekippt werden. Und dafür muss erst der Spibaum Niederholer lose sein. Und der wird oft vom Cockpit bedient. Also Teamwork notwendig.
Fazit: Generell ist es möglich den Spibaum mit Öffnung nach oben oder nach unten zu fahren. Je nach Qualität vom Material und nach Vorliebe des Vorschoters. Einfach beides mal ausprobieren. Einem unerfahrenem Vorschoter würde ich empfehlen die Öffnung nach unten zu nehmen, weil da weniger Drama passieren kann.
Nun zur Höhe des Spibaum am Mast. In meinem Lehrbuch steht: „Bei normalen Windbedingungen wird der Spibaum möglichst weit oben gestellt. Dadurch öffnen sich die seitlichen Lieken, der Spi wird bauchig. Wird der Spibaum am Mast unten gestellt, werden die seitlichen Lieken flach gezogen, der Spi also gestreckt.“ Das ist bei starkem Wind notwendig, oder aber bei ganz ganz wenig Wind. Denn dann reicht der Wind oft nicht mehr aus um den Spi zu füllen. Ist er gestreckt, kann er jedoch noch etwas an Wind mitnehmen.
Weder bei starkem Wind, noch bei ganz ganz wenig Wind würde ich, außer bei einer Regatta, einen Spi setzen. Deswegen siehst Du wohl auf den meisten Bildern mit Spi den Baum immer oben eingepickt. Wenn Du einen sehr leichten unerfahrenen Vorschoter hast, oder ein Kind, dann kann der Spibaum auch unten eingepickt werden. Dann ist weniger Zug auf dem Spi. Gilt natürlich nicht bei einer Regatta, da muss immer die höchste Geschwindigkeit erzielt werden. Auf der Hailander haben wir eine Schiene und können auch Zwischeneinstellungen vornehmen. Das ist praktisch, denn die beiden seitlichen Schothörner am Spi sollten immer auf gleicher Höhe „fliegen“. Die Luvseite mit dem Baum lässt sich so an die Höhe der Leeseite anpassen.
Warum Euer Spibaumbeschlag bei wenig Wind zu Bruch ging, ist rätselhaft. Um solch einen Bolzen zu verbiegen, braucht es schon einiges an Kraft. Hier kann ich nur Vermutungen anstellen. Auch unser Ring, der eigentlich waagrecht zur Schiene angeschweißt ist, wurde schon mehrmals um 30 Grad verbogen. Der Spibaum bewegt sich eben nicht wie an einem Schanier nur nach oben und unten, sondern verdreht sich auch etwas. Besonders starke Querkräfte treten auf, wenn der Spibaum auf der Luv Schot weit nach Achtern rutscht. Dann steht der Baum nicht mehr schräg nach vorn, sondern querab vom Boot. Wenn dann der Spibaum Niederholer lose ist und der Spi in einer Bö sehr hoch steigt, könnte es zu solch einem Schaden kommen. Deswegen ist es die Aufgabe des Vorschoter den Spibaum immer wieder Richtung Schothorn zu drücken und den Spibaum Niederholer zu kontrollieren. Ich persönlich belege den Spibaum Niederholer selbst vorne am Mast an einer Klampe. Faustregel: Der Spibaum ist die Verlängerung des Großbaum (darf nicht seitlich abknicken).
Es könnten auch rohe Kräfte des Vorschoters beim Shiften oder Abbau des Spibaum gewesen sein. Durch die Länge des Spibaum können da schon Hebelwirkungen auftreten. Aber das wäre bestimmt aufgefallen. Der Steuermann ist übrigens die größte Hilfe. Er bestimmt mit seinem Kurs wie weit die Spischoten vom Boot entfernt sind. Idealerweise sind die Schoten beim Shiften oder Bergen des Spi in Armlänge des Vorschoters. Ein kleiner Schlenker vom Steuermann nach Luv und schon sind die Schoten gut zu erreichen.
All diese Tipps stammen nur aus meiner Erfahrung als Hobbie Vorschoter und Steuermann. Ich bin kein Segeltrainer. Regelmäßiges Üben mit dem Spi und Teilnahme an Regatten bringt einen aber schnell voran. Es ist auf alle Fälle ratsam, nicht allzu häufig den Vorschoter am Vordeck zu wechseln. Ich höre oft, für diese Position ist die wenigste Segelerfahrung notwendig und man kann auch einen Laien dort hinstellen. Das stimmt aber nur bei idealen Windbedingungen und wenn alles wie am Schnürchen läuft. So bald irgend ein Problem auftritt (starke Kränkung, Sanduhr im Spi, Spifall verklemmt, Schot vom Spibaum Niederholer hängt irgendwo fest, Spi im Wasser ) ist ein erfahrener Vorschoter der weiß wo man jetzt zupacken muss, von großem Vorteil.
Viele Grüße, Alex Melzer (Hailander GER 1672)
Re: Spibaum
Hallo Hailander, vielen Dank für Deine ausführliche Antwort! Ich kann es nicht mehr rekonstruieren was schief gegangen ist, aber hoffe jetzt mal, dass das in Zukunft nicht mehr passiert.