Korrekte Riggspannung

Wer kann helfen? Wie funktioniert was? Tipps und Tricks, Bastelecke

Moderator: Horst Rudorffer

markus
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Korrekte Riggspannung

Ungelesener Beitrag von markus »

Hallo zusammen,
jedes Jahr am Anfang der Saison stelle ich mir erneunt die Frage, ob ich denn mit der Riggspannung meiner Shark auch alles richtig mache. Die Wanten trimme ich immer mit der Wanten-Waage (Oberwanten etwa bis "2", unterwanten weniger), der Mast steht auch perfekt gerade mit leichtem Fall nach hinten und auch in der Mitte des Schiffes.

Die Angaben aus der "Trimmanleitung" (die ja als "Mittelwerte" zu verstehen seien) von 160-180kg Zug auf die Unterwanten und 205-220kg auf die Oberwanten sind nach meinem Gefühl sehr hoch angesiedelt. Ich möchte meine 74er Shark (Korneuburg) schließlich nicht unnötig belasten. Doch letzthin, als auf Am-Wind-Kurs bei 3-4 Bft. meine Lee-Wanten fast lose waren, zog ich diese schnell noch während der Fahrt nach... nach einer Wende auch noch die andere Seite...

Meine Fragen: Stimmt es, daß Regatta-Sharks eine höhere Riggspannung fahren? Warum? Auch als Fahrtensegler muß ich mit Starkwind zurecht kommen. Was passiert z.B. bei 7 Bft. und mehr, wenn die Riggspannung zu gering ist? (Ich gebe zu, mehr als 6 Bft. hab ich mit der Shark noch nicht gesegelt.) Was passiert mit dem Boot auf Dauer, wenn die Spannung zu hoch ist? Welche Anhaltspunkte für eine korrekte Riggspannung gibt es? Von welchen Faktoren wird die Riggspannung überhaupt bestimmt?

Im Vorhinein schon vielen Dank für euere kompetenten Antworten!
Herzliche Grüße vom Bodensee
Markus
1205 "Summertime"
Alfred
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Riggspannung

Ungelesener Beitrag von Alfred »

Hallo Markus,
zu den von Dir gestellten Fragen betreffend der Riggspannung kann ich wie folgt antworten:

1. Ja es stimmt, dass einige - nicht alle - Regattasegler an ihrer Shark
eine noch wesentlich höhere Riggspannung fahren ( Werte von ca. 300
kp für die Oberwanten ) sind durchaus möglich und dauerhaft
praktikabel.

2. Die Riggspannung bedeutet nicht zwangsläufig HOHE Spannung -
starker Wind und NIEDRIGE Spannung - leichter Wind bzw. altes Boot -
wenig Riggspannung

3. Die Riggspannung richtet sich nach vielen Faktoren, diese können
unter anderem sein :
a) Windstärke
b) Welle
c) Revier : Binnen / See
d) Bootstyp: Fahrtenschiff / Regattaschiff ( Gewicht )
Kielboot / Jolle
Verdränger / Gleiter
e) Segelschnitt / Rigg ( Hersteller, Typ, Trimm )
g) Kurs ( Amwind / Vorwind )
g) Segeleigenschaften
h) Crew / Crewgewicht

4. Die Beanspruchung des Materiales bei einer höheren Riggspannung
muß nicht unbedingt eine kürzere Lebensdauer bedeuten

Durch falsche Manöver ( z.B. Patenthalsen, Grundberührung ) wird das
Material oft um ein vielfaches höher beansprucht als durch eine
erhöhte Riggspannung.

5. Leider ist mir nicht bekannt, auf welche Trimmanleitung Du Bezug
nimmst.
Die von John Clark ( JC - 9-facher Weltmeister und Segelmacher
aus Kingston / Canada ) erstellte Trimmanleitung kann ohne
Einschränkung für alle Shark24 angewendet und übertragen werden -
unabhängig von Bauwerft und Baujahr der Shark.
Allerdings ist diese in erster Linie auf die Segel und den Segelschnitt
von JC bzw. KSL-Segeln gemünzt.
Für Segel anderer Hersteller, welche den gültigen Klassenvorschriften
entsprechen ( zu erkennen am eingenähten Klassenlabel der ISCA )
kann diese Trimmanleitung sinngemäß ebenfalls angewändet werden.

Für Segel anderer Segelmacher ist diese unter Umständen nicht
übertragbar.

Gruß vom Rhein

Alfred
markus
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Ungelesener Beitrag von markus »

Vielen Dank Alfred,
ich kenne und schätze Deine Beiträge in diesem Forum sehr, Du hast mir auf diesem Wege schon öfter geholfen! Insgeheim hab ich ja schon gehofft, Du meldest dich wieder...

Die Trimmanleitung von der ich schreibe, ist auf dieser Shark-Homepage über die Links "Die Shark" - "Tipps" zu finden und stammt von JC Sail, Kingston, Kanada.

Aus Deiner Antwort lerne ich, daß die Riggspannung (wie ich mir dachte) von mehreren verschiedenen Faktoren abhängt (daß man das in keiner Segelschule lernt, wundert mich eigentlich...). Das heißt aber ganz genau genommen, daß man die Spannung eigentlich jeweils den neuen Begebenheiten anpassen müßte. Doch welches ist nun tätsächlich der "Mittelwert", mit dem man auf einem Binnenrevier ohne ständiges Nachjustieren auskommt? Woran kann man sich orientieren?

Gruß
Markus
Zuletzt geändert von markus am 05.05.2008, 23:21, insgesamt 1-mal geändert.
1205 "Summertime"
Alfred
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Riggspannung

Ungelesener Beitrag von Alfred »

Hallo Markus,

die Mittelwert-Riggspannung ist sicherlich im Bereich der unteren Werte
der Trimmanleitung zu finden.

Da bei der Erstausrüstung der Korneuburg-Werft die Masten bzw. das Rigg von verschiedenen Herstellern ( mir sind 3 bekannt ) bezogen wurde, kann der Mittelwert etwas unterschiedlich sein.

Jeder muß / sollte selbst herausfinden, welcher der für sein Empfinden optimale Wert ist.

Alle erfolgreichen Regattasegler kennen - meist durch experimentelles Erproben und Erfahrung - den für die entsprechenden Bedingungen und Gegebenheiten für sich besten Werte, wobei sicherlich alle Spitzenboote
individuell unterschiedliche Einstellungen haben.

Ich kann Dir versichern, dass Du mit den von mir gefahrenen bzw. eingestellten Werten Dein Boot in der Längsachse mittlerweile komplett gefaltet hättest !

Wenn Du von Werten um 180 kp für die Oberwanten ( bei gelösten / lösen Unterwanten und losem Achterstag ) ausgehst und dabei eine angemessene Spannung auf das Vorstag erhälst, drehst Du die Unterwanten jeweils wechselweise gleichmäßig 1- 2 Umdrehungen solange zu, bis der Mast gerade - d.h. die Mastbiegung in der Längsschiffachse verschwunden - ist.

Sollte bei mittlerem Wind ( um 3 Bft. ) die jeweilige Leewant sichtbar lose werden ( durchhängen ), drehst Du die beiden Oberwanten jeweils 1 - 2 Umdrehungen zu und stellst die Unterwanten entsprechend nach.

Bei zunehmender Windstärke ( 5 und mehr ) ist ein lose werden bzw. leichtes Durchhängen der Leewanten durchaus erwünscht und letztendlich
entlastend für Rigg und Schiff.

Solltest Du Deine Riggspannung dementsprechend ermittelt und eingestellt haben, kannst Du den Wert mittels Wantenspannungs-
Messgerät kontrollieren und für zukünftige Änderungen entsprechend notieren.

Durch Änderungen am Rigg ( z.B. J-Maß, Mastfall oder Mastposition )
müssen zwangsläufig die bisherigen Werte neu ermittelt und eingestellt werden.

Gruß Alfred
bernd
Beiträge: 3
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Ungelesener Beitrag von bernd »

Hallo Markus,

zum Thema Riggspannung und Trimmöglichkeiten würde ich Dir empfehlen am 31.5 und/oder01.0608 nach Immenstaad zu unserem Trainigswochende zu kommen.

Dort besteht die Möglichkeit verschiende Wantenspannungen zu messen und Trimmeinstellung zu diskutieren und zu probieren. Am besten bringst natürlich dein Shark dazu mit.

Denn schreiben und diskutieren kann man viel, denke probieren und sehen ist besser. Da Alfred Dir ja schon theoretisch perfekt Auskunft geben hat wäre dies für Dich der logische nächste Schritt um Dich weiter mit dem Thema auseinanderzusetzen.

Außerdem wird es sicher auch gesellig und ein schönes Wochenende. Ich würde mich sehr freuen DIch dort zu sehen.

Viele Grüße

Bernd Mäder
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